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Am Foto v. li. Oswald Föllerer (Stellvertretender Obmann des Vereins Ohrenschmaus) überreichte Michael Wilhelm, Herbert Schinko und Christina Hendl die Ehrenurkunden. Foto: (c) Hanna Fasching

Texte aus St. Pius sind offiziell ein Ohrenschmaus

Drei Literat*innen vom Caritas-Standort St. Pius in Steegen/Peuerbach wurden bei der 15. Verleihung des Literaturpreises „Ohrenschmaus“ am 21. März ausgezeichnet. Michael Wilhelm (54) und Herbert Schinko (40) trugen sich mit ihren Texten auf die Liste der Ehrenpreisträger*innen ein. Silvia Hochmüller (42) erhielt den Zotter-Schoko-Ehrenpreis. Ihr Text zum Thema „Luftsprung“, und sieben Texte von anderen Literaten, ziert nun die Banderole der heurigen Zotter-Ohrenschmaus-Sonderedition. Insgesamt 92 Autor*innen haben ihre Texte zum Literaturwettbewerb Ohrenschmaus 2022 eingereicht.  

Der Literaturpreis „Ohrenschmaus“ fördert seit 15 Jahren jedes Jahr in den drei Kategorien Prosa, Lyrik und Lebensgeschichte Texte von Menschen mit Lernbeeinträchtigung und Schreibtalent. Bei der Verleihung in der Nationalbibliothek in Wien war die sechsköpfige Jury des Literaturpreises, mit Schirmherr Felix Mitterer und Heinz Janisch, prominent vertreten. Die ausgezeichneten Texte wurden pointiert und mitreißend von den Schauspieler*innen Angelika Strahser und Wolf Bachofner vorgetragen.

Die Literat*innen aus St. Pius durften als Ehrenpreisträger*innen auf die Bühne. Nachdem Schauspielerin Angelika Strasser Michael Wilhelms Text „Nonsens“ vorlas, meinte dieser: „Es ist immer eine Leistung, wenn man geehrt wird. Es ist was Besonderes, wenn prominente Personen der Text gefällt.“ Schreibkollege Herbert Schinko kam - entsprechend dem Titel seines Textes - in gestreiften Socken zur Preisverleihung. Heinz Janisch bemerkte das sofort und nahm darauf spontan in seiner Laudatio Bezug. Herbert Schinko genoss jeden Moment der Preisverleihung: „Da höre ich, was ich geschrieben habe.“ In Vertretung der erkrankten Silvia Hochmüller war ihre Freundin Inge Weinberger nach Wien gereist, die ebenfalls Mitglied der Literaturgruppe St. Pius ist.

Caritas-Mitarbeiterin Theresia Klaffenböck, Leiterin der Literaturgruppe, freut sich für „ihre“ Literat*innen: „Der Ohrenschmaus, bei denen die besonderen Talente und Fähigkeiten der Menschen ans Licht gebracht werden, ist mittlerweile zu einer Institution geworden, die heute nicht mehr wegzudenken ist. Die Initiative hat unsere Gesellschaft und ihren Blick auf Menschen mit Beeinträchtigungen maßgeblich mitgeprägt. Wenn die Defizite einmal keine Rolle mehr spielen, merken wir erst, welch literarische Kostbarkeiten in den Menschen stecken. Dass ihr Tun eine große Wirkung hat, wird ihnen oft erst durch einen entsprechenden Rahmen wie diese Preisverleihung bewusst. Das wiederum ermutigt sie, voller Freude weiterzuschreiben. Seit der Gründung des Ohrenschmaus 2007 reichen wir deshalb jährlich ein.“
In der Literaturgruppe in St. Pius geht es aber nicht ums Gewinnen, sondern ums Schreiben aus Lust und Laune, erklärt die Caritas-Mitarbeiterin: „Jeder ist neugierig auf das, was der andere schreibt. Aber es ist kein Neid, sondern Wohlwollen da. Wir lachen gemeinsam über besonders originelle Formulierungen. Auch das Schreiben nur zur Psychohygiene hat bei uns Platz.“

Ausgezeichnete Texte von den drei Literat*innen aus St. Pius:

 

Herbert Schinko: Die gestreiften Socken
Ich möchte die gestreiften Socken anziehen.
Die Socken sind schön.
Die Socken mag ich so gern.
Die Socken sind meine.
Die Socken brauche ich zum Luft springen.

Silvia Hochmüller: „Luftsprung“
Es war so viel drinnen im Herzsack, es war dick wie ein aufgeblasener Luftballon.
Zusammengeräumt ist jetzt wieder, da bin ich glücklich, so glücklich.
Dann wird das Herz hupfert, dann kommt der Luftsprung.

Michael Wilhelm: Nonsens
Zippe Zappe, ich trage Kappe.
Zippe Zo, nach einem Spiel muss ich aufs Klo.
Zippe zeiter, das Feld wird immer breiter.
Zippe wau, aus Spiel wird ich nicht schlau.
Zippe zier, darauf trink ich ein Bier.
Zippe klar, es wird nicht mehr wie´s früher war.
Zippe mocher, das Ganze ist ein Gestocher.
Zippe wuft, ich spring heut in die Luft.
Zippe zeh´, ich glaub das ich nach Hause geh.