Ermin, der junge Mann aus Bosnien, bei der Gartenarbeit.

Eine Gemeinschaft, die einen Menschen zum Aufblühen bringt

Als Ermin (20) im Sommer 2021 erstmals in die Caritas-Werkstätte für Menschen mit Beeinträchtigungen nach Andorf kam, war er schüchtern, zurückhaltend und still. Eigentlich kein Wunder: Der gebürtige Bosnier verstand kein Wort Deutsch und hielt sich bis dahin fast immer nur im Kreis seiner Familie auf. Nicht nur die Gemeinschaft in der Caritas-Werkstatt hat ihn aufleben lassen, sondern auch die Begegnungen mit den Menschen „außerhalb“: Seit Sommer diesen Jahres arbeitet er in der Integrativen Beschäftigung als Helfer in der Gemeinde.

Viel Potenzial erkannt

Vor zwei Jahren ist Ermin mit seinen Eltern von Bosnien nach Österreich gezogen. Ein Jahr später bekam er einen Arbeitsplatz in der Caritas-Werkstätte. Dort stellten die geschulten Caritas-Mitarbeiter*innen schnell fest: Trotz Lernschwäche und fehlender Sprachkenntnisse steckt viel Potenzial in dem jungen Mann. Sonja Goldberger, Teamleiterin der Werkstätte Andorf, erzählt: „Ermin ist auf einem kleinen Bauernhof aufgewachsen. Das merkt man, er ist handwerklich sehr geschickt und ‚sieht die Arbeit‘. Egal ob es Laub rechen oder Rasen mähen ist.“

Probearbeit

Die Caritas-Mitarbeiter*innen hatten deshalb die Idee bei der Gemeinde zu fragen, ob dort ein Helfer gebraucht werden könnte. Rückenwind bekamen sie dabei von Johann Litzlbauer, der sich ehrenamtlich für die Werkstatt engagiert und gute Kontakte zu Bürgermeister Karl Buchinger pflegt. Dieser zeigte sich der Idee gegenüber offen und wollte dem jungen Mann eine Chance geben. Gemeinde-Mitarbeiter und Bademeister Erwin Fischer nahm sich seiner an. Im Juni konnte Ermin an zwei Tagen pro Woche mit der Probearbeit starten.

Mit der Kehrmaschine im Freibad

Erwin Fischer berichtete: „Ermin probierte verschiedene Arbeiten aus: in und rund um die Schule oder im Freibad. Es war nicht zu übersehen, wieviel Spaß er an den Tätigkeiten hatte.“
Mit Begeisterung jätete Ermin Unkraut und half bei der Grünraumpflege mit. Am liebsten arbeitete er mit Maschinen, wie der Kehrmaschine im Freibad oder dem Rasenmäher.
An den restlichen Wochentagen wird Ermin weiterhin in der Werkstätte begleitet, wo u.a. fleißig der Abbau der Sprachbarriere trainiert wird. Teamleiterin Sonja Goldberger erklärt augenzwinkernd: „Er sagt meistens zu allem nur ‚ja, ja‘. Das soll sich ändern.“ Deshalb übt das Team mit Wörterbuch und Google-Übersetzer am Handy, damit sich sein Deutsch-Wortschatz vergrößert. Doch sein „gebrochenes Deutsch“ tut der Beliebtheit von Ermin in der Werkstatt-Gruppe keinen Abbruch. „Er ist freundlich, höflich, sehr aufmerksam und hilfsbereit – er erfüllt alle Aufgaben, die man ihm überträgt“, erzählt Sonja Goldberger. „Außerdem ist er sehr sportlich, er ist ein extrem schneller Läufer, spielt mit anderen im Garten Fußball und nimmt auch an anderen Bewegungsangeboten teil. Er mag es, sich auszupowern.“

Für die Werkstatt-Leiterin ist es am schönsten zu sehen, dass Ermin in der Werkstatt zum ersten Mal Freunde gefunden hat, mit denen er auch in der Freizeit Kontakt pflegt. Das Gefühl, von einer Gemeinschaft angenommen und aufgenommen worden zu sein, hat bei dem jungen Mann innerhalb kürzester Zeit eine bemerkenswert positive Verwandlung bewirkt.

Caritas-Angebote für Menschen mit Beeinträchtigung

im Dekanat Andorf:
•    Werkstätte Andorf: insgesamt 34 Menschen mit Beeinträchtigungen in einer technisch-kreativen Gruppe, zwei Aktiv-Gruppen (hoher Unterstützungsbedarf) und in der Integrativen Beschäftigung beim örtlichen Spar-Markt und bei der EV Group St. Florian.
•    invita-Wohnhaus in Mitterndorf/Diersbach, wo 8 Menschen eine psychosoziale Begleitung erhalten
•    Wohnverbund Andorf: Wohnen für 28 Erwachsene und Senioren mit Beeinträchtigungen