Besuchsdienst im St. Anna: Melanie Führer berichtet
Ich bin mittlerweile schon fast seit 10 Jahren als ehrenamtliche Mitarbeiterin im St. Anna Seniorenwohnheim tätig. Angefangen habe ich im März 2012. Damals war diese Tätigkeit kaum bekannt, geschweige denn anerkannt. Im Gegenteil, wenn ich ins Heim kam, kannte mich niemand und keiner wusste, was ich hier eigentlich mache. Mittlerweile hat sich das geändert. In meiner Anfangszeit gab es auch noch keine Verantwortlichen für die freiwilligen Mitarbeiter. Ich hatte ein Gespräch mit der Pflegedienstleiterin und wurde einem Stock zugewiesen. In meinem Fall war dies der 2. Stock. Nach einigem Durchfragen und Bemühungen meinerseits konnte ich mit meinem Besuchsdienst beginnen.
Ich kam zu Frau P.,
meiner ersten Dame. Sie wusste am Anfang nicht warum ich da war und hielt mich für das "Küchenmädchen", vermutlich weil ich Sie gefragt hatte, ob Ihr der Kuchen schmeckt.
Mit der Zeit gewöhnte sich Frau P. an meine regelmäßigen Besuche und freute sich immer sehr. Ich besuchte Sie von nun an jeden Freitag ca. 1 bis 2 Stunden. Die Dame bekam nicht sehr viel Besuch von Ihren Verwandten. Einmal hat Sie mir mitgeteilt, Sie wartet unter der Woche auf Freitag bis ich wieder komme. Da wusste ich, was ich hier mache, ist eine gute Sache und bedeutet einem Menschen viel. Mit der Zeit wuchs mir Frau P. ans Herz. Ich baute in meinen Alltag jeden Freitag den Besuchsdienst ein und hatte immer mehr Freude daran.
Beziehung baut sich auf
Wir spielten oft "Mensch ärgere dich nicht". Ich fand heraus, dass Sie Blumen liebt und früher gerne reiste. Ich ging mit Frau P. oft in den Garten spazieren und pflückte Blumen für Sie. Da die ältere Frau keine ordentliche Winterjacke hatte, fand ich bei meinen Eltern eine Jacke, die nicht mehr benötigt wurde und gespendet werden sollte und brachte ihr diese mit. Sie hatte eine solche Freude damit.
Wertvolle Ratschläge
Nun kannten mich auch immer mehr Personen, vor allem Pfleger und Pflegerinnen, im Seniorenheim und unterstützten mich und gaben mir wertvolle Ratschläge. Mittlerweile wurde das Ehrenamt immer bekannter und es gab nun auch eine Ansprechperson für freiwillige Mitarbeiter.
Schwierige Zeit
Die Zeit verging und nach fünf Jahren verstarb Frau P. leider. Ich konnte mich sogar noch verabschieden von ihr, da ich vom Pflegepersonal informiert wurde. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich habe auch das Begräbnis von Frau P. besucht und wurde wenig herzlich von den Verwandten empfangen. Ihre Tochter meinte nur, was ich hier will und warum ich hier bin. Ich habe die Tochter von Frau P. schon früher einmal zufällig beim Besuchsdienst getroffen. Diese Begegnung war damals schon nicht sehr erfreulich. Ich war über so ein Verhalten auf einer Beerdigung so entsetzt, mir hat es die Sprache verschlagen. Zum Glück hatte ich meine Mutter als Unterstützung mitgebracht. Meine Mama erklärte den Verwandten, dass ich nur hier bin um mich zu verabschieden. Nach dem Tod von Frau P. pausierte ich ein paar Monate, denn ich war schon sehr irritiert über diese Begegnung. Aber ca. 9 Monate später begann ich wieder mit dem Besuchsdienst.
Wertschätzung
Diesmal kam ich in das Erdgeschoss und von nun an besuchte ich Frau S.. Die Dame ist sehr stark demenzkrank und kann sich von einem Besuch zum nächsten nicht mehr an mich erinnern. Ihre Krankheit ist so stark fortgeschritten, dass wenn ich Sie zum Zimmer begleite und sie das Badezimmer aufsucht, mich anschließend nicht mehr erkennt. Auch vergisst Frau S. oft, wo Sie sich befindet und kann sich nicht mehr erinnern, wo Ihr Zimmer im Seniorenheim ist. Der Anfang war schwer, aber sie fasste nach ein paar Wochen Vertrauen zu mir und ich lernte mit der Situation gut umzugehen. Meistens erklärte ich ihr, wo Sie sich befindet und ging mit ihr in den Garten spazieren. Gerade am Anfang unterstützten mich die Pfleger*innen sehr. Ich merke, dass das Personal sehr froh über mein Kommen ist. Sie bedanken sich jedes Mal sehr herzlich und bieten mir auch mal einen Kaffee und Kuchen an. Einmal habe ich zu Weihnachten als Dankeschön, im Namen von Frau S. und dem Pflegepersonal Merci-Pralinen und Sekt bekommen. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Ich finde es toll, dass man so viel Wertschätzung erfährt - von den Bewohner*innen und dem Pflegepersonal.
Frau S. besuchte ich ca. zwei Jahre, dann kam die Corona-Situation und ich stellte meinen Besuchsdienst für ein Jahr und zwei Monate ein. Im Mai 2021 habe ich diesen wieder aufgenommen. Die Demenz von Frau S. ist noch weiter fortgeschritten, daher wurde mir vom Pflegepersonal eine neue Dame zugewiesen. Sie heißt Theresia und zum ersten Mal bin ich per "Du" mit meiner Besuchsdame. Mit Ihr spiele ich viele Kartenspiele.
Zum Schluss möchte ich noch sagen, wie viel Freude mir meine ehrenamtliche Arbeit bereitet. Manchmal ist es auch anstrengend, aber man bekommt sehr viel zurück. Ein großer Dank meinerseits geht auch an Frau Sabine Mörzinger. Sie betreut die freiwilligen Mitarbeiter*innen in St. Anna. Ohne Ihre Unterstützung und Hingabe für diese Aufgabe könnte ich meinen Besuchsdienst nicht in dieser Form leisten. Sie hilft bei allen Anliegen und Problemen und ist für die ehrenamtlichen Mitarbeiter da.
Ich freue mich jeden Freitag wieder auf meinen Besuchsdienst, weil ich weiß, dass es Menschen gibt, denen genau dieser Besuch gut tut. Manchmal brauchen Sie jemanden zum Reden oder einfach nur jemanden der da ist.