Johann Pöcksteiner findet als ehrenamtlicher Deutschlehrer eine sinnvolle Tätigkeit in der Pension. Mit Topfengolatschen, Pantomime und Ausflügen bringt er Leichtigkeit ins Leben ukrainischer Frauen.
Oberneukirchen, eine kleine Marktgemeinde im Mühlviertel. 3000 Seelen leben hier. Unter ihnen: zehn geflüchtete Frauen aus der Ukraine, plus ein Enkerl. Es ist dörflich. Um nach Linz zu kommen, müssen sie mit dem Bus nach Zwettl an der Rodl und dort umsteigen. Eine kleine Weltreise für die Frauen, die um die 55 bis 65 Jahre alt sind. Regelmäßig einen Deutschkurs in Linz zu besuchen - ein Ding der Unmöglichkeit.
Doch wenn die Frauen nicht zum Deutschkurs kommen, kommt der Deutschkurs zu ihnen: Zweimal pro Woche besucht Johann Pöcksteiner das Haus der Oblatinnen. Zu Beginn des Ukraine-Kriegs boten sich die Oblatinnen als Flüchtlingsunterkunft an. Die freien Räume im Haus finden so einen guten Zweck. Fünf Ukrainerinnen wohnen nun hier, und hier findet auch der Deutschkurs mit Johann Pöcksteiner statt. Seit einem Jahr lernt der Freiwillige mit den Frauen. Er klappt seinen Laptop auf. Via Tablet, das er sich extra dafür angeschafft hat, können die Ukrainerinnen auf dem Bildschirm mitschauen. Wenn einzelne Wörter nicht klar sind, lässt er sie von Google Translate auf Ukrainisch übersetzen.
Alltagspraktisch
Ein Jahr ist es her, seit der Deutschkurs gestartet hat. Und es geht etwas weiter: Stolz erzählen die Frauen, wenn sie sich beim Lebensmitteleinkauf getraut haben, mit der Verkäuferin zu reden. Alltagspraktisch soll es sein. Mal steht das Einkaufen am Lernprogramm, mal der Arztbesuch und die Körperteile. Mal bringt Johann Pöcksteiner aus der Bäckerei nebenan Topfengolatschen mit und sie schauen sich gemeinsam das Rezept an - und vergleichen es mit der ukrainischen Küche. Oder die Frauen kommen selbst mit einem Anliegen, das in der Stunde dann behandelt wird.
Ausflüge vertiefen Miteinander
In der Pension begann der Oberneukirchen nach einer sinnvollen Tätigkeit zu suchen. Schließlich stieß er über einen Aushang, über den für zwei ukrainische Kinder eine Lernunterstützung gesucht wurde. Er meldete sich und fand Freude an dem Engagement. Als für die Frauen in der Flüchtlingsunterkunft ein Deutschlehrer gesucht wurde, sagte er ebenfalls gleich zu.
Die Frauenrunde hat sichtbar ihre Freude an dem beherzten Deutschlehrer. Wenn ein Wort unklar ist, und er „tolpatschig“ versucht, es pantomimisch darzustellen, kommt Leichtigkeit in die Runde. Das freut Johann Pöcksteiner besonders. Er hat miterlebt, wie Valentina nur weinend am Zimmer saß, als ihre Heimatstadt Odessa bombardiert wurde. In der Deutschstunde hat sie Abwechslung und Beschäftigung. Sie kann wieder lächeln und lachen. „Wenn ich helfen kann, dass der Alltag wenige Stunden leichter ist, freut mich das“, betont Johann Pöcksteiner. Auch Ausflüge plant er mit den Frauen, um ihnen Österreich als Land näher zu bringen.
Merkbare Fortschritte
Die Deutschstunden geben den Frauen Struktur in die Woche. Sie warten regelrecht darauf. Auch Caritas-Mitarbeiterin Anna Wakolbinger merkt die Fortschritte. „Anfangs haben sie mehr um Hilfe gebeten - z.B. dass ich sie zum Arzt begleite“, erzählt sie. „Das brauchen sie jetzt nicht mehr.“