Freiwillig bei invita: Aleksei Bykov

Aleksei Bukov aus Russland unterstützte uns von April 2024 bis Februar 2025 in den invita Wohngruppen 3 und 4.

Mein Freiwilligenjahr oder wie meine Kollegen und Kolleginnen zu meiner Familie wurden

Entscheidung für das Freiwilligenjahr

Schon nach der Schule war ich mir nicht sicher, was ich im Leben machen wollte. Diese Frage schien mir sehr wichtig – schließlich bestimmt sie meine Zukunft. Ich habe etwa zehn verschiedene Jobs ausprobiert, ein Jahr in Polen gelebt, aber immer noch nicht meinen Weg gefunden. Am Ende habe ich mich für eine letzte Chance entschieden – ein Freiwilligenjahr bei der Caritas. Ich hoffte, dass es mir helfen würde, meinen Weg zu finden und gleichzeitig eine kleine Auszeit zu nehmen.

Erste Eindrücke

Meine ersten Eindrücke waren ziemlich chaotisch. Meine Reise nach Österreich dauerte 43 Stunden, und als ich ankam, waren gerade Feiertage – das ganze Land schien stillzustehen. Für mich war das ungewohnt, da wir selbst an Feiertagen und Wochenenden oft arbeiten.

Die ersten Arbeitstage waren sehr spannend. Mein Team hat mich mit offenen Armen empfangen. Am schwierigsten war für mich der österreichische Dialekt. Obwohl ich mich mental darauf vorbereitet hatte und mir vorgenommen hatte, nur auf Deutsch zu sprechen, waren die ersten Wochen für mich ziemlich „lustig“ – es fühlte sich an, als hätte ich eine völlig andere Sprache gelernt.

Am meisten Sorgen machte ich mir um die Arbeit mit den Bewohnern und Bewohnerinnen. Von Anfang an habe ich gesagt, dass ich die volle Erfahrung machen möchte und bereit bin, mehr zu tun, als von mir erwartet wird. Ich bin nicht jemand, der Dinge halbherzig macht – entweder ganz oder gar nicht. Aber es war trotzdem schwierig. Jeder Bewohner hatte seine eigenen gesundheitlichen Herausforderungen, und manchmal hatte ich Angst, sie auch nur zu berühren, um ihnen nicht weh zu tun. Mit der Zeit verflogen diese Ängste, und ich konnte ganz natürlich mit allen in Kontakt treten. 

Meine Arbeit ...

... war nicht besonders schwierig. Der Hauptaspekt bestand darin, das Leben der Bewohner und Bewohnerinnen so weit wie möglich zu erleichtern und meinen Kollegen und Kolleginnen zu helfen. Dank einer ausgezeichneten Einarbeitung habe ich mich schnell in die Abläufe eingearbeitet. Frühstück zubereiten, Mittagessen austeilen, Abendessen verteilen. Betten frisch beziehen, alte Wäsche und Kleidung wegräumen. An manchen Tagen die Küche putzen, an anderen das Lager auffüllen. Eine gewisse Routine, die es wohl in jedem Job gibt.

Am schönsten fand ich jedoch die Spaziergänge mit den Bewohnern und Bewohnerinnen – sei es ein Ausflug zum Supermarkt oder einfach ein kleiner Spaziergang. Die Gespräche mit ihnen, oder, wenn sie nicht sprechen konnten, einfach die gemeinsame Zeit an der frischen Luft. Manchmal hatte ich sogar das Gefühl, selbst ein Teil der Caritas zu sein – eine interessante Erfahrung.

Integration in das Team

Ich denke, dass es für mich relativ einfach war, mich in die Gesellschaft zu integrieren.

Immer öfter habe ich festgestellt, dass österreichische Menschen und ich einige Gemeinsamkeiten haben. Natürlich hat meine Sprachbarriere eine Rolle gespielt, aber es gab Momente, in denen sogar meine Witze verstanden wurden – und ich verstand die der anderen.

Meine Kollegen und Kolleginnen haben mich oft eingeladen, etwas gemeinsam zu unternehmen, und dadurch habe ich mich wirklich als Teil des Teams gefühlt. Ein großes Dankeschön muss ich meiner Chefin, Elisabeth, aussprechen – dank ihr habe ich mich wohlgefühlt und mein Team als Familie wahrgenommen. Natürlich gab es auch Dinge, die mich überrascht haben, Unterschiede zu dem, was ich gewohnt war.

Kulturelle Unterschiede

Österreich hat sich mir von vielen verschiedenen Seiten gezeigt. Obwohl die Menschen mir ähnlich erscheinen, haben sie doch ihre eigenen Besonderheiten.

Besonders hat mich beeindruckt, wie hier mit anderen Menschen umgegangen wird – ihre Meinung, ihre Situation werden immer berücksichtigt. In diesem Zusammenhang war die Caritas für mich eine große Überraschung. Ich hatte keine genauen Erwartungen, da ich mit so einer Arbeit in meinem Heimatland nie persönlich in Berührung gekommen war. Aber ich habe direkt gespürt, dass die Bewohner und Bewohnerinnen der Caritas ganz normale Menschen sind. Ich weiß nicht, ob es unangebracht ist, das so zu sagen, aber es hat mich sehr überrascht und unglaublich gefreut.

Die Menschen gingen spazieren, machten Einkäufe, besuchten Cafés oder Bars. Es gab viele Veranstaltungen und Ausflüge – fast wie in einem Urlaubsort. Mir hat dieser Arbeitsansatz sehr gefallen, und ich werde versuchen, einige Aspekte davon für meine Zukunft mitzunehmen.

Im Laufe der Kommunikation mit anderen Freiwilligen habe ich auch Unterschiede bei anderen Nationalitäten bemerkt. Zum Beispiel sind Menschen aus lateinamerikanischen Ländern sehr kontaktfreudig und körperlich expressiv. Für uns ist das ungewohnt, für sie aber völlig normal. Oder eine Kleinigkeit: In Österreich sagt man „Mahlzeit“ als Begrüßung, nicht nur beim Essen, sondern auch einfach auf der Straße.

Herausforderungen und Schwierigkeiten

Natürlich kann ein ganzes Jahr in einem fremden Land nicht ohne Herausforderungen verlaufen. Manche waren nicht der Rede wert, andere brachten mich an meine Grenzen.

Die Sprache war definitiv eine Schwierigkeit. Ich hatte oft das Gefühl, dass mein Deutsch nicht gut genug war, aber meine Freunde, Kollegen und Kolleginnen und vor allem meine Mentorinnen sagten mir immer wieder, dass mein Niveau gut sei und ich aufhören solle, solchen Unsinn zu erzählen. Trotzdem war es schade, dass ich mich nicht so flüssig ausdrücken konnte wie in meiner Muttersprache.

Auch der Kontakt zu anderen Freiwilligen aus verschiedenen Teilen Europas war manchmal eine Herausforderung – nicht, weil sie unfreundlich waren, sondern weil sie aus ganz anderen Kulturen kamen. Es gab Momente, die mich schockierten – natürlich im positiven Sinne. Dinge, die mir seltsam oder ungewohnt erschienen, waren für sie völlig normal. Aber genau das hat mich gefreut, denn ich konnte daraus lernen.

Am schwierigsten war für mich die Zeit, als ich plötzlich ins Krankenhaus musste – aus einer unklaren Ursache. Ich bin der Caritas unglaublich dankbar für die Hilfe, die sie mir in dieser Zeit gegeben haben. Eigentlich hätten sie sich nicht um diese Situation kümmern müssen, aber sie haben es trotzdem getan.

Die besten Momente

Und nun zum Wichtigsten – die schönsten Erlebnisse meines Projekts. Die vielen neuen Bekanntschaften. Das Reisen. Ich habe mir endlich meinen Traum erfüllt und Italien besucht – und mich dann überraschenderweise in Spanien verliebt.

Das Beste an meinem Projekt waren aber meine Mentorinnen: Theresa und Rachel. Unglaubliche Menschen, denen ich am liebsten die Hände küssen und Gedichte schreiben würde. Die Treffen mit ihnen, die Witze, die familiäre Atmosphäre und ihr unglaublicher Professionalismus haben mein Jahr unvergesslich gemacht. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir unser letztes gemeinsames Karaoke.

Auch die gemeinsamen Ausflüge mit meinen Kollegen haben mir immer sehr gefallen. Natürlich auch der Kontakt zu anderen Freiwilligen. Aber einen besonderen Platz nimmt eine Freundin von mir – Yaiza –  ein. Mit ihr habe ich mich unglaublich wohlgefühlt, und sie hat so viel für mich getan – besonders als ich krank war.

Fazit und Zukunftspläne

Wie ich bereits geschrieben habe, bin ich hierhergekommen, um herauszufinden, was ich in meinem Leben wirklich machen möchte. Und wie es immer so ist, gibt das Leben Antworten auf eine völlig unerwartete Weise.

Während meiner Arbeit habe ich gemerkt, dass mir dieses Arbeitsfeld wirklich gefällt. Jetzt weiß ich, was ich will: Ich möchte eine Ausbildung machen und ebenfalls bei der Caritas arbeiten. Ich werde nicht für Jahrzehnte in die Zukunft planen, aber im Moment sehe ich endlich das Licht eines Leuchtturms in meinem Leben.

ESK

Ermöglicht und kofinanziert ...

... wird der Einsatz von EU-Freiwilligen in der Caritas aus Mitteln des EU-Programms "Europäisches Solidaritätskorps" (ESK).