Als er etwas von der Welt sehen wollte, wurde Dominik Mayer LKW-Fernfahrer und fuhr die holländischen Tulpenfelder ab. Nach dem Tod seiner Großmutter sattelte er um und hilft im oberösterreichischen Ennstal den Menschen dabei, zuhause alt werden zu können.
Früher fuhr Dominik Mayer tausende Kilometer. Als Fernfahrer im LKW, links und rechts Schallwände, bis nach Belgien oder Kroatien. Heute sind seine Strecken kürzer. Manchmal nur vier Kilometer, in der Nachbarschaft von Großraming. Links und rechts bewaldete Hügel. Im Herbst zaubert der Nebel jeden Morgen eine mystische Stimmung. Wenige Stunden später bricht die Sonne durch und alles erstrahlt in Karminrot, Aubergine, Froschgrün und Orange. Die Farben des Altweibersommers.
„Guten Morgen, Frau Schörkhuber”, grüßt der 32-Jährige, als er in die Stube tritt. Vor der Eingangstür steht ein hölzernes Herz mit einer gravierten „50“. Das Ehepaar Schörkhuber hat gerade die goldene Hochzeit gefeiert. „Na, heute bist du auf Trab“, erwidert Traudi Schörkhuber. „Ich hab dich schon zweimal bei uns vorbeifahren sehen.” Es ist 10 Uhr, die ersten Hausbesuche hat Dominik Mayer schon hinter sich.
Bei Herrn Schörkuber steht die Körperpflege an. Der 86-Jährige hat Parkinson, die schleichende Art. Er zittert nicht. Im Gegenteil: Manchmal kommt er einfach nicht mehr vom Fleck, wenn er spazieren geht. Sein Gehirn sendet die falschen Impulse an die Muskeln, er wird langsamer, macht kleinere Schritte, und irgendwann steht er still. Vor vier Jahren hatte er einen Schlaganfall, da wurde das Parkinson bei ihm festgestellt. Davor war er schon öfter hingefallen, danach auch, verletzt hat er sich dabei nie. „Gott sei Dank”, meint Traudi. Vor drei Jahren fiel er in der Dusche hin. Selbst mit Nachbars Hilfe bekam seine Frau ihn nicht mehr hoch. Seitdem kommen zweimal pro Woche die Mobilen Pflegedienste der Caritas in Person von Dominik Mayer, Karl bei der Körperpflege hilft. Das gibt Traudi Sicherheit – denn ihren Mann aufzufangen, wenn er in der Dusche ausrutscht, das traut sie sich nicht mehr zu. Und es ist auch angenehmer – wieder ein Stück weit mehr Ehefrau ihres Mannes zu sein und weniger seine Pflegerin.
Gepflegte Dankbarkeit
Als Mann in der Pflege ist Dominik Mayer eine Seltenheit. Dass er dafür ein Händchen hat, entdeckte er spät. Der gebürtige Großraminger ist gelernter Installateur und war acht Jahre lang LKW-Fahrer. Als seine Oma starb, war es ein einschneidendes Erlebnis für ihn. Da lag sie im Krankenhaus, bereits im Koma, frisch gepflegt, eingecremt, strahlend. Und er dachte sich: „Wenn du nichts mehr kannst – was hast du dann noch?” Und etwas erklang in ihm. Er machte ein Schnupperpraktikum in Weyer, eine Woche im Seniorenwohnhaus. Half alten Menschen bei der Körperpflege, beim Essen. Bei der Dankbarkeit und Herzlichkeit, die er dabei erlebte, war es um ihn geschehen. „Eine Frau hat mir in die Augen gesehen, so tief, wie Leute einen normalerweise nicht ansehen. Ihre Augen haben geglänzt,…
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