Am Welttag der sozialen Gerechtigkeit lud die Caritas OÖ zu einem besonderen Ereignis ein: der Buchpräsentation von Franz Küberls Neuerscheinung „Von der Kriegs- zur Friedens-Caritas. Ihre Pionierarbeit in Österreich 1945 - 1951“ am Sozialcampus B3.
Die Wahl des 20. Februars, dem Welttag der sozialen Gerechtigkeit, unterstrich den thematischen Bezug, wie Franz Kehrer, Direktor der Caritas OÖ, betonte: „Aufgabe der Caritas war es von Beginn an und wird es immer sein, sich für soziale Gerechtigkeit bei uns und auf der ganzen Welt einzusetzen.“
Franz Küberl, langjähriger Präsident der Caritas Österreich, lässt in seinem Buch die bewegende Geschichte des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg lebendig werden. Aus dem Trümmerhaufen der Zweiten Republik und nach dem Verbot durch den Nationalsozialismus galt es, aus dem Nichts eine starke Kraft des Helfens aufzubauen. Dank des Zugangs zu internen Dokumenten zeichnet Franz Küberl ein detailliertes Bild davon, wie es der Caritas gelang, in wenigen Jahren ein weitreichendes Netzwerk an organisierter Nächstenliebe zu knüpfen – von Lebensmittelsammlungen und Flüchtlingshilfe über Kindererholungsmaßnahmen bis hin zu Familien- und Jugendunterstützung.
Die Caritas leistete unter schwierigen Verhältnissen einen substantiellen Beitrag zum materiellen und seelischen Wiederaufbau in Österreich. „Not sehen und helfen war von Beginn an unser Leitspruch“, betonte Franz Küberl. „Unsere Aufgabe war es unter diesen Umständen, Hilfe wirksam zu organisieren und uns vom Almosen-Geben zu einer organisierten Caritas zu entwickeln.“
Küberl schildert eindrucksvoll, wie das Engagement der Caritas mehr als nur die unmittelbare Linderung von Not bewirkte: „Mit ihrem Wirken hat die österreichische Caritas dazu beigetragen, dass eine österreichische Identität entsteht“, ist Küberl überzeugt. Durch die Förderung des Solidaritätsempfindens schuf die Caritas einen Raum, in dem ein Selbstverständnis jenseits von Zerstörung, Nazi-Ideologie und Besatzung entstehen konnte.
Neben der dramatischen Ernährungslage, die mit Lebensmittelspenden gelindert wurde, trug auch die Kinder-Erholungsaktion zum seelischen und kulturellen Wiederaufbau bei. Kinder wurden aus den Städten zu Familien auf dem Land, aber auch ins Ausland gebracht. „Diese Kindererholung war ein Kulturschub“, ist Franz Küberl überzeugt. „Die Kinder sind in intakte Familien gekommen, wo sie nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch Zugang zu anderen Sprachen und Kulturen bekommen haben. Diese Formen der Hilfe können eine ungemeine Wirksamkeit haben.“
Parallel zur Linderung der unmittelbaren Nachkriegssituation baute die Caritas weitere Arbeitsfelder aus: Ein zentraler Suchdienst für Vermisste wurde eingerichtet, und es folgten Initiativen in den Bereichen Familienhilfe, Hauskrankenpflege, Behindertenarbeit und Kindergärten. Zur Sicherung der Qualität dieser Angebote wurden Ausbildungsstätten für sozial-caritative Berufe eröffnet. Bereits wenige Monate nach Kriegsende wurde das Kindergartenreferat eingerichtet, und 1951 erfolgte – nach holländischem Vorbild – der Start der Familienhilfe in Oberösterreich.
„Die Unterstützung von Familien in schwierigen Situationen erkannte die Caritas in OÖ bald als zentrale Aufgabe“, so Franz Kehrer. „Wenige Monate nach Kriegsende wurde das Kindergartenreferat der Caritas zur Unterstützung der wieder eröffneten katholischen Kindergärten eingerichtet. Darüber hinaus begründete die Caritas in Oberösterreich 1951 die Familienhilfe nach holländischem Vorbild – die ersten Mitarbeiter*innen wurden dort ab 1950 ausgebildet.“
Mit dem Übergang in die frühen 1950er Jahre verschob sich der Fokus der Caritas: Die unmittelbare Notbewältigung trat zugunsten langfristiger, präventiver Hilfsangebote in den Hintergrund. Der Wiener Kardinal Innitzer prägte für diesen Wandel den Begriff der „Friedens-Caritas“, der dem Buch seinen Titel gab.
Infos zum Buch: Franz Küberl: Von der Kriegs- zur Friedenscaritas. Ihre Pionierarbeit in Österreich 1945 – 1951, Wagner Verlag Linz 2024, € 28,-