Bettina Falzeder arbeitet seit 2005 im tiergestützten Setting und bildet Therapiehunde aus. Ihre tierischen Erfahrungen schließen Lemuren, Schildkröten, Hängebauchschweine, Zebras, Hühner, Krabbeltiere und Schnecken mit ein.

„Tiere geben eine ehrliche, direkte Rückmeldung“

Tiergestützte Arbeit findet sich in vielen sozialen Bereichen. Warum vor allem Hunde eine Schlüsselrolle spielen, worauf zu achten ist und welche Herausforderungen damit verbunden sind, erklärt Sozialarbeiterin und Hundetrainerin Bettina Falzeder.

Was ist so einzigartig an der sozialen Arbeit mit Tieren?

Falzeder: „Tiere schaffen einen Zugang zu Menschen, den man als Mensch oft gar nicht hinbekommt. Kürzlich war ich in einem Seniorenwohnhaus. Dort gab es eine demente Dame, die seit zwei Wochen nicht mehr gesprochen hat. Als sie den Hund gestreichelt hat, fing sie sofort an zu reden. Beim Projekt ‚Lesehund‘ erlebe ich oft, wie Kinder plötzlich voll motiviert zu lesen beginnen, obwohl sie daran zuvor kein Interesse hatten. Oft ist es wirklich erstaunlich, was die Anwesenheit des Tieres ausmacht.“

Wie kommt das zustande?

Falzeder: „In der Kommunikation zwischen Mensch und Tier passiert viel auf der non-verbalen und emotionalen Ebene. Und Tiere geben einem eine ehrliche, direkte Rückmeldung. Wenn ich ein Tier falsch behandle, kommt es nicht mehr zu mir. Umgekehrt merken die Tiere, wenn jemand gut zu ihnen ist und ihre Nähe auch braucht.“

Bei welchen Themen können Tiere helfen?

Falzeder: „Beim Spazierengehen mit Tieren kann ich an der Mobilität arbeiten. Ich kann die Feinmotorik schulen, die Erinnerung trainieren, die Frusttoleranz erhöhen und das Lesen üben. Über Tiere können Menschen auch lernen, wieder Körperkontakt und Nähe zuzulassen. Das hilft z.B. bei post-traumatischer Belastungsstörung sehr.“

Fehlende Nähe und Berührung ist ein sehr gegenwärtiges Thema.

Falzeder: „In den Seniorenwohnhäusern ist es hochaktuell - viele ältere Menschen werden nicht mehr berührt. Auch Jugendliche beschäftigen sich viel mit dem eigenen Körper und profitieren dementsprechend von Körperarbeit. Ich arbeite mit meinen Hunden auch im Gefängnis. Dort bekommen die Menschen ebenfalls nicht die Nähe und Berührung, die sie bräuchten. Mit dem Hund kann man dieses Bedürfnis ein wenig abdecken.“

Warum sind gerade Hunde in der Tiertherapie so beliebt?

Falzeder: „Hunde sind leicht trainierbar und auch mobil. Wenn ich mit Tieren arbeite, muss ich mir zum einen Gedanken über die Aufgabe machen, zum anderen über die ‚Mobilität‘ - ich kann ein Pferd beispielweise schwer ins Seniorenwohnhaus bringen. Hunde sind in dieser Hinsicht sehr vielseitig - und wenn sie gut trainiert sind, kann ich sie dazu bringen, sich noch einmal zu einem Kind zu legen, auch wenn das Tier eigentlich schon anderes im Sinn hätte. Ein Lemur spielt dabei nicht mit.“

Worauf muss man achten?

Falzeder: „Man übernimmt die Verantwortung für das Tier und den Menschen, und muss oft gleichzeitig noch dem Auftraggeber gerecht werden. In diesem Dreieck ist meine Aufmerksamkeit aufgeteilt. Mir ist es wichtig, das Setting so zu gestalten, dass es für das Tier angenehm ist - denn nur so kommt es auch in der nächsten Woche wieder mit. Das erarbeiten wir auch mit den Klient*innen, um die Empathie zu fördern. So erleben sie, was ihr Handeln im Gegenüber bewirkt.“

Was wünscht du dir für die soziale Arbeit mit Tieren?

Falzeder: „Die Wertigkeit und Wirkung dieser Arbeit wird von allen gesehen, trotzdem ist die Finanzierung sehr mager. In den Lerncafés arbeiten wir seit vier Jahren mit den Lesehunden, nun ist das Projekt dem Sparstift des Landes zum Opfer gefallen. Dank einer Großspende können wir es in kleinerem Rahmen weiterführen, was ein kleiner Trost ist. Dennoch sollte so wirkungsvolle Projekte - gerade was die Lesekompetenz angeht, die ja stetig abnimmt - nicht rein von Spenden abhängen.“

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