Um über 100 Tierabnahmen kümmert sich Franziska Greils Verein „Tatzenfreunde“ jährlich - und das ehrenamtlich. Dazu kommen an die 300 Fundtiere.

Wo Tierliebe endet: Tierabnahmen decken soziale Problematiken auf

Als Gründerin der Tierschutz-Initiative Innviertel ist Franziska Greil meist dabei, wenn die Bezirkshauptmannschaft zur Tierabnahme schreitet. Mit dem Caritas-Blick der RegionalKoordinatorin sieht sie dabei jedoch auch, dass nicht nur die Tiere Hilfe brauchen - sondern auch die Menschen.

Wenn Franziska Greil um 7 Uhr morgens einen Termin als Caritas-RegionalKoordinatorin hat, beginnt ihr Tag schon drei Stunden früher - in der häuslichen Quarantäne. In den gefliesten Zimmern ihrer Wohnung versorgt sie Findlinge und Tiere, die ihren Besitzer*innen abgenommen wurden. Über 300 Fundtiere und 100 abgenommene Tiere gilt es pro Jahr zu vermitteln. Ein starkes Stück für das ehrenamtliche Team von acht Personen.

Tiere als letzter Halt

„Oft schaffen die Menschen sich ein Haustier an, wenn sie in einer schwierigen Lage sind“, erzählt Franziska Greil. „Man fühlt sich einsam und sozial ausgegrenzt und sucht nach Gesellschaft. Das Tier ist meist der einzige soziale Bezugspunkt, der bleibt und nicht wegfällt. Und nicht selten kommen Multiproblemlagen zusammen: Armut, psychische Erkrankung, Einsamkeit. Gleichzeitig sind das aber oft auch Menschen, die sich schon schwer damit tun, sich um sich selbst zu kümmern.“

Ein besonders eindrücklicher Fall war die Übernahme von 122 Tieren von einem Pärchen. Die beiden beeinträchtigten Erwachsenen hatten innerhalb von zwei Monaten zahlreiche Tiere über Kleinanzeigen erworben – bis hin zu einem Pony. Ohne ein Bild von dem Aufwand zu haben, der damit einhergeht, oder dafür, welchen Lebensraum die Tiere brauchen.

Franziska Greil koordinierte die Verteilung der Tiere auf verschiedene Vereine und sorgte gleichzeitig dafür, dass das Paar die Unterstützung der Familienhilfe und einer Erwachsenenvertretung bekommt. „In solchen Fällen brauchen die Menschen oft Zeit um zu verarbeiten und zu verstehen, dass es ihnen besser geht, wenn sie sich zuerst einmal um sich selbst kümmern“, sagt die 36-Jährige.

Wenn Angst überspringt

Kompensiert wird dabei nicht nur das Allein-Sein, sondern auch Ängste und Unsicherheiten. Franziska Greil beobachtet, dass immer mehr Menschen Kampfhunde anschaffen, um sich sicherer zu fühlen. „Wenn ich Angst habe, überträgt sich das auf den Hund“, erklärt sie. Diese Hunde sind besonders schwer zu vermitteln – für sechs von ihnen benötigte sie zwei Monate. Das neue Hundehaltergesetz, das die Anschaffung von Tieren reglementiert, sieht sie daher als wichtigen Fortschritt.

Brücken bauen mittels Doppelrolle

Ihr sozialräumliches Wissen und ihre Kontakte als Caritas-RegionalKoordinatorin helfen Franziska insbesondere dabei, um dem Menschen hinter dem Tier zu helfen. Sie kennt die passenden Hilfsangebote und vermittelt die Menschen direkt an die betreffenden Stellen - so wie sie auch die Tiere oft „Caritas-intern“ vermittelt. So hat eine Caritas-Kollegin schon Kaninchen, Gänse und Hühner aufgenommen, eine andere steht als „Vogel-Pflegestation“ zur Verfügung.

Umgekehrt suchen Caritas-Stellen ihre Expertise: Wenn in einer Familie zu viele Tiere sind, die das Familiensystem belasten, wendet sich die Familienhilfe an Franziska Greil, genauso wie die Mobilen Pflegedienste, wenn es um eine*n Senior*in geht. Als der Ukraine-Krieg ausbrach, nahmen viele Ukrainer ihre Hunde und Katzen mit - was eine spezielle Betreuung in den Sammelunterkünften bedingte, da die Katzen nicht frei herumlaufen konnten. An die Hundebesitzer*innen wurden für die HundeBeißkörbe für die Zugfahrten verteilt.

Ihr nächstes Ziel ist der Aufbau eines Tierheims im Bezirk mit Hauptamtlichen. Denn alles auf ehrenamtlichen Schultern wäre langfristig untragbar. Sie alleine entsorgt wöchentlich 200 Kilogramm Katzenstreu. Jetzt im März bereitet sie sich auf das großen Kätzchenfinden vor: 15 Kätzchen pro Tag sind es oft, wenn der ungeliebte Nachwuchs der nicht ganz durchdachten Weihnachtsgeschenke dann ausgesetzt wird.

Lesen Sie mehr über soziale Arbeit mit Tieren und aktuelle Infos aus der Caritas in der neuen Ausgabe unserer Zeitung „nah dran“. Kostenlos abonnieren bei der Caritas Information, Tel. 0732/7610-2020, information(at)caritas-ooe.at